Vom Mauerfall zur Wiedervereinigung: Meine Erinnerungen (German Edition) by Helmut Kohl

Vom Mauerfall zur Wiedervereinigung: Meine Erinnerungen (German Edition) by Helmut Kohl

Autor:Helmut Kohl
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
veröffentlicht: 2014-10-14T22:00:00+00:00


Dieses großartige Ergebnis machte deutlich, was wir immer gesagt hatten: Wir sind ein Volk. Nun war es an uns, die zum Greifen nahe Chance umsichtig und entschlossen wahrzunehmen. Wir wussten, dass jetzt nicht Überschwang der Gefühle, sondern Einigkeit und Augenmaß geboten waren.

16.

Unter Freunden – Bei Mitterrand in Paris, mit Bush und Baker in Camp David

Für den 24. und 25. Februar war mein informeller Besuch bei unseren amerikanischen Freunden in Camp David, dem Landsitz des amerikanischen Präsidenten, vorgesehen. Schon vorher, kurz nach meiner Rückkehr aus Moskau, telefonierte ich mit George Bush und fasste das für mich nach wie vor faszinierende Ergebnis meines Treffens mit Gorbatschow zusammen. Auch bei diesem Telefonat spielte die Frage nach der Bündniszugehörigkeit eines geeinten Deutschlands eine wichtige Rolle. Mit wenigen Worten informierte ich den amerikanischen Präsidenten auch über den Besuch des DDR-Ministerpräsidenten an diesem Tage und erläuterte die Lage in der DDR. Wir verständigten uns auf eine Fortsetzung der Konsultationen bei meinem Besuch in Camp David.

Von 17 Ministern begleitet, war DDR-Ministerpräsident Hans Modrow am 13. Februar vormittags in Bonn eingetroffen. Es war erst der zweite Besuch eines DDR-Regierungschefs in der Bundeshauptstadt nach dem Aufenthalt Erich Honeckers im September 1987. Der Empfang war recht kühl und ohne militärisches Zeremoniell. Ich sparte nicht mit Vorwürfen. Viel zu lange habe die Verabschiedung des neuen Wahlgesetzes der DDR am Runden Tisch und in dem zuständigen Volkskammerausschuss gedauert. Freie und geheime Wahlen seien von zentraler Bedeutung für die Vertrauensbildung bei der Bevölkerung. Neue politische Gruppierungen müssten gleiche Chancen haben, vor allem hinsichtlich der Publikationsmöglichkeiten. Der DDR-Geheimdienst müsse aufgelöst und das politische Strafrecht geändert werden, damit die Menschen wieder Vertrauen in die Unabhängigkeit der Justiz gewännen.

Der Strom der Übersiedler in die Bundesrepublik schwäche sich nicht ab, sagte ich, und deshalb sei es erforderlich, jetzt dramatische Schritte zu unternehmen. Es müsste möglichst bald über die Verwirklichung der Einheit gesprochen werden. Bereits in der nächsten Woche könnten die Expertengespräche über die Währungsunion und Wirtschaftsgemeinschaft aufgenommen werden. Das sei mein deutliches Signal für die Menschen in der DDR. Unser mittlerweile gemeinsam mit den USA vertretener Vorschlag, Gespräche der beiden deutschen Staaten mit den vier Siegermächten zu führen, sollte bald realisiert werden. Dies sei auch die Meinung von Gorbatschow.

Ministerpräsident Modrow erklärte sich mit dem Vorschlag für eine Konferenz der vier Mächte mit den beiden deutschen Staaten einverstanden. Dann übergab er mir ein Positionspapier des Runden Tischs für unsere Verhandlungen. Dabei wusste jedermann, wie kritisch ich den Beschlüssen dieses Gremiums gegenüberstand, weil es einer demokratischen Legitimation entbehrte. Ich wiederholte noch einmal meine Auffassung, dass eine Beruhigung der Lage ohne eine schnelle Währungsunion nicht zu erreichen sei. Ministerpräsident Modrow stellte noch einmal die Frage nach einem »Solidaritätsbeitrag« der Bundesregierung. Nach seiner Meinung müsse sich vor dem 18. März noch etwas bewegen. Der Runde Tisch habe den Wunsch nach 15 Milliarden D-Mark geäußert, und die DDR-Bürger würden jetzt von der Bundesregierung erwarten, dass sich in dieser Frage etwas tue. Wie schon in Davos wies ich erneut unmissverständlich darauf hin, dass dieses Geld nicht weiterhelfen und nur sinnlos versickern würde. Ich wiederholte jedoch offiziell unser Angebot, eine Währungs- und Wirtschaftsunion zu schaffen.



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